Wird das Bettelverbot in Darmstadt wieder abgeschafft?

Viel Medienpräsenz, großes Tamtam: Damit beschloss der Magistrat im April das „Ansprechverbot zum Betteln“ – gemeinhin „Bettelverbot“ genannt. Die Koalition bestehend aus CDU, Grünen und Volt hatte die entsprechende Änderung der Gefahrenabwehrverordnung mit beschlossen. Zwei der drei Koalitionspartner rudern jetzt aber zurück.

Pünktlich zum ersten September vermeldet der Koalitionspartner Volt: „Uns ist das Ansprechverbot zu pauschal.“ Und auch die Grünen forderten Mitte August eine „differenzierte Neuregelung“ des Ansprechverbots. Allein bleibt die CDU. Deren Ordnungsdezernent Paul Georg Wandrey sagte dem Darmstädter Echo jüngst, er sei „nicht kompromissbereit“.

„Menschlich der falsche Ansatz“

Die Grünen teilten vor rund drei Wochen mit, man stehe dem Ansprechverbot kritisch gegenüber. Es sei bedenklich und „menschlich der falsche Ansatz“. Im Wahlprogramm zur Kommunalwahl kommenden Jahres wolle man eine Neuregelung verankern. „Wer Armut im öffentlichen Raum mit Ansprechverboten begegnet, löst keine Probleme, sondern verschärft sie“, sagte Grünen-Sprecher und Vorsitzender Heiko Depner.

Auch im öffentlichen Raum hätten Menschen grundsätzlich das Recht, um Hilfe zu bitten. „Ein pauschales Ordnungswidrigkeitenmodell verliert Maß und Mitte“, urteilte Depner. Die Gründe, warum Menschen betteln, seien vielfältig „- von Wohnungsnot über psychische Erkrankungen bis zu prekären Lebenslagen und Hürden im Hilfesystem“, so die Grünen.

Unterstützung statt Verbot

Eva-Bredow Cordier, sozialpolitische Sprecherin der Grünen, sagte: „Unser politischer Fokus liegt deshalb auf starker städtischer Sozialarbeit, niedrigschwelliger Unterstützung durch Streetwork und dem Ausbau von Angeboten für wohnungslose Menschen. Diese Hilfen sichern wir trotz angespannter Haushaltslage.“ Ein pauschales Ansprechverbot sei eine einseitige Abwertung und stelle Armut unter ordnungsrechtliche Sanktionen, so Bredow-Cordier.

„Bequem, aber nicht gerecht“

Die Grünen weichen damit nicht vom Ursprungsgedanken des Bettelverbots ab. Die frühere Fassung – das alleinige Verbot sogenannten „aggressiven Bettelns“ sei in der Praxis nicht trennscharf gewesen und hätte der Kommunalpolizei zu wenig rechts- und vollzugssichere Grundlagen geboten, so Co-Chef Depner. Die jetzige Lösung hingegen ersetze Differenzierung durch ein Pauschalverbot und delegiere die Abwägung in der Praxis an die Ordnungsbehörden. „Das ist bequem, aber nicht gerecht“, so Depner.

Volt und Grüne wollen nicht zulässiges Verhalten neu definieren

Die Grünen schlagen deshalb vor, nicht zulässiges Verhalten eindeutig zu definieren und es nur in „klar abgrenzbaren Fällen“ zu ahnden. Dazu soll bedrängendes Verhalten, etwa das Festhalten oder Anfassen von Passanten sowie das Versperren von Wegen oder Errichten von Hindernissen und das Nachlaufen zählen.

Außerdem würde aufdringliches, wiederholtes Ansprechen und lautstarkes, penetrantes oder einschüchterndes Auftreten in die Regelung der Grünen fallen. Das Ansprechen von Kindern und Jugendlichen soll gänzlich untersagt werden.

„Armut verschwindet nicht aus öffentlichem Raum“

Unterstützt wird dieser Plan von Volt. Die soziale Verantwortung gebiete, dass Menschen in Not nicht daran gehindert werden, um Hilfe zu bitten, so die Partei. Armut verschwinde durch das Ansprechverbot nicht aus dem öffentlichen Raum – es kriminalisiere Bedürftige und verlagere soziale Probleme, statt sie zu lösen.

Entscheidend sei auch für Volt, dass das Verbot nur das aggressive und bedrängende Verhalten betreffe. Der aktuelle rechtliche Rahmen müsse differenzierter formuliert werden. Parallel brauche es auch wirksame Sozialpolitik, etwa Streetwork, niedrigschwellige Hilfsangebote und Unterstützung für wohnungs- und mittellose Menschen, fordert Volt. „Eine lebendige Stadt braucht Offenheit und Kommunikation – nicht Abschottung“, sagt Parteisprecherin Berit Walter.

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