Stadtverordneter tritt aus CDU aus – Minderheitsregierung verliert Sitz

Es ist ein Eklat für die aus CDU, Grünen und Volt bestehende Koalition in der Darmstädter Stadtverordnetenversammlung. Sie verliert einen Sitz, weil ein Abgeordneter die CDU-Verlässt. Der Ex-CDUler teilt bei seinem Abschied auf Facebook mächtig aus, während sich die Partei verteidigt.

Stefan Zitzmann hat die CDU verlassen. Das teilte der Besitzer des Café Wellnitz im Darmstädter Martinsviertel auf Facebook mit. Für die Mehrheit benötigt die Koalition in der Stadtverordnetenversammlung eigentlich 36 Sitze – mit dem Austritt Zitzmanns sinkt sie auf 34.

CDU „war ist und bleibt Partei ohne Profil“

Zitzmann teilte auf Facebook ein Bild seiner durchtrennten CDU-Mitgliedskarte. Ihm sei es zunehmend schwer gefallen, sich auf bundespolitischer Ebene mit der CDU zu identifizieren, schreibt der 61-Jährige darunter. Die CDU lasse sich im Bundestag von „einer 15%-Partei“ vor sich hertreiben.

Doch für seine Entscheidung sei die Politik auf kommunaler Ebene entscheidender gewesen. „Dieses permanente Druckmäusertum gegenüber den Grünen und diese Unfähigkeit, eigene Interessen durchzusetzen“ – Die CDU Darmstadt „war, ist und bleibt eine Partei ohne Profil“, urteilt Zitzmann gegen seine eigene Ex-Partei.

Lügen-Vorwurf an ehemalige Partei

Außerdem, so Zitzmann, sei er nicht mehr gewillt gewesen, den Umgang mit seiner Person hinzunehmen. „Vier Jahre Mitgliedschaft waren geprägt von falschen Versprechen, Lügen und einer permanenten Ausgrenzung.“ Was er konkret damit meint, bleibt unklar. „Dazu ein anderes Mal mehr“, schreibt er.

CDU wehrt sich gegen Vorwürfe

Der Darmstädter CDU-Kreisverband teilte am Montag (25.) mit, die von Zitzmann getätigten Angaben entsprächen nicht der Wahrheit. Sein Parteiaustritt sei lediglich damit verbunden, dass er im Listenvorschlag des Wahlvorbereitungsausschusses der CDU zur Kommunalwahl am 15. März kommenden Jahres nicht berücksichtigt worden sei.

Zitzmann beleidigt?

Der Ausschuss wollte ihn offenbar nicht aufstellen, weil er mehreren CDU-Mitgliedern gedroht haben soll, ein Angebot einer „anderen großen Partei“ anzunehmen, zitiert ihn die CDU. Sie mutmaßt, es handle sich dabei um die SPD. Die CDU spricht von „Illoyalität“, die für den Wahlvorbereitungsausschuss ausschließe, seine Kandidatur zu berücksichtigen.

Die CDU veröffentlichte außerdem Auszüge einer Mail Zitzmanns an den Ausschuss. Darin soll er drei Tage vor seinem Parteiaustritt erklärt haben, die Entscheidungen des Ausschusses reflektiert und ein erneutes Gesprächsgesuch abgegeben zu haben. Die Partei zitiert aus der Mail: „Gemeinsam mit Euch möchte ich mich gerne dieser Herausforderung stellen und in vorderster Reihe meinen Teil dazu beitragen, für die CDU Darmstadt ein hervorragendes Ergebnis einzufahren.“

Wahlausschuss blieb bei Ablehnung

Der Wahlvorbereitungsausschuss soll sich laut Partei daraufhin für das Gesprächsangebot bedankt haben und die Kandidatur Zitzmanns weiterhin abgelehnt haben. Diese Entscheidung sei ihm am Abend des 24. Augusts mitgeteilt worden, am nächsten Tag folgte sein Austrittsstatement auf Facebook.

Die CDU schreibt in dem Statement weiter, Zitzmanns Austritt sei eine Reaktion auf die Enttäuschung über seine Nichtberücksichtigung bei der Listenaufstellung. Die Mitglieder das Ausschusses hätten sich ihre Entscheidung nicht leicht gemacht, seien jedoch wegen der Ankündigung, die Partei zu wechseln, nicht bereit, von ihrer Haltung abzuweichen, schreibt die Partei.

Zitzmann will Meinung „schrankenlos“ wiedergeben

In dem Parteiaustritt sieht Zitzmann jetzt die Möglichkeit, sich und seine Meinung wieder „schrankenlos“ zu äußern. Im Stadtparlament will er aber weiter bleiben – als Parteiloser. Er habe einen Wählerauftrag, den er erfüllen wolle.

Als CDU-Abgeordneter leistete Zitzmann bislang eine Mandatsträgerabgabe in Höhe von 25 Prozent seiner Aufwandsentschädigung, die ihm als Stadtverordneter zusteht, musste er bislang an seine Partei zahlen. Bis er aus dem Parlament ausscheidet, will er das Geld an das Frauenhaus Darmstadt spenden. „Dort ist das Geld definitiv besser aufgehoben“, schießt er noch einmal gegen die Christdemokraten.

Ex-CDUler will Parteiwerten treu bleiben

Und trotz Austritt: Den Grundwerten der CDU will er inhaltlich verbunden bleiben. „Das System innerhalb der CDU Darmstadt, dieses Netz aus Manipulation und Missbrauch, bin ich nicht gewillt, weiter mitzutragen“, beschließt er seinen Facebook-Post.

Politische Lage spitzt sich zu

Zitzmanns Austritt bedeutet für die politische Lage in Darmstadt eine weitere Schwächung: Denn die Koalition, bestehend aus CDU, Grünen und Volt, hatte ohnehin keine Mehrheit im Parlament, nachdem der Grüne Stadtverordnete Jürgen Barth vergangenes Jahr seine Partei verlassen hatte. Zuvor hatte die Koalition exakt die nötige Mehrheit von 36 Sitzen, nach Barths Austritt fiel sie auf 35 Sitze, heute sind es 34. Will die Regierung also einen Beschluss durch die Stadtverordnetenversammlung bringen, muss sie sich um zwei weitere Stimmen aus der Opposition bemühen.

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