Gericht: Rechter Fackelzug zur Brandnacht darf in Darmstadt stattfinden
Ein Rechter, zwei Veranstaltungen und die Stadt Darmstadt: Obwohl letztere ihn noch unterbinden wollte, darf ein bekannter aus der rechten Szene am Donnerstag zur Brandnacht Demonstrieren. Das Bündnis gegen Rechts ruft zu zwei Gegenveranstaltungen auf.
Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) wollte ihn stoppen: Ein Fackelzug zum 81. Jahrestag der Brandnacht in Darmstadt – offenbar organisiert von einem Rechten. Bei der Brandnacht am 11. auf den 12. September 1944 regnen Bomben der Alliierten auf Darmstadt nieder, zerstören große Teile der Innenstadt und bringen rund 12.000 Menschen um. Jetzt hat das Verwaltungsgericht Darmstadt geurteilt, dass der Fackelzug und ein Schweigemarsch stattfinden darf.
Veranstalter ist bekannter Rechter
Bei dem Veranstalter soll es sich um Thomas Bernt handeln, ein bekannter Darmstädter Rechter. Er nahm unter anderem an einer Mahnwache in Weiterstadt teil, die von Anhängern der Reichsbürger-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß organisiert wurde, berichtet das Dokunetzwerk Rhein-Main.
Die Mahnwache galt Michael Fritsch, einem ranghohen Funktionär in Reuß‘ Gruppe, der in Weiterstadt in Untersuchungshaft sitzt. Zur Erinnerung: Die Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß wollte sich in Deutschland an die Macht bringen, auch ein Sturm auf den Bundestag unter Waffengewalt war geplant.
Bernt ist zudem Hauptorganisator des Rhein-Main-Ablegers von „Gemeinsam für Deutschland“ (GfD). Der Verfassungsschutz warnt, dass extremistische Gruppen versuchen könnten, die Demonstrationen von GfD zu kapern oder zu beeinflussen.
Verwaltungsgericht gibt Eilantrag statt
Laut Darmstädter Echo ist der Fackelzug für exakt 23:55 Uhr angekündigt. Benz hatte gerichtlich verfügt, dass die Veranstaltung untersagt wird. Doch das Verwaltungsgericht Darmstadt hat am Dienstag dem Eilantrag des Organisators stattgegeben. Das verfügte Verbot der Stadt halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, teilte das Gericht mit.
Die Symbolkraft der Brandnacht sei nicht direkt an die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft geknüpft, so das Gericht. Die von der Stadt herangezogene Spezialregelung des Hessischen Versammlungsfreiheitsgesetzes sei deshalb nicht einschlägig.
Gewaltprognose von Stadt „nicht begründbar“
Außerdem hatte die Stadt argumentiert, dass eine Gefahr von der Veranstaltung ausgehe. Diese Prognose hätte die Stadt „offensichtlich“ nicht begründen können. Sie stütze sich ausschließlich „auf Vermutungen und politische Erwägungen“, sagt das Gericht – und die seien nicht tragfähig. Auch eine mögliche rechte Gesinnung des Organisators könne kein Versammlungsverbot rechtfertigen, wenn keine unmittelbare Gefahr bestehe, so das Verwaltungsgericht.
Bündnis gegen Rechts ruft zu Gegendemo auf
Die Stadt hat noch Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt – unklar ist, ob diese noch rechtzeitig behandelt werden kann. Unter anderem das Darmstädter Bündnis gegen Rechts hat zu Gegenveranstaltungen aufgerufen. Es warf unter anderem der Darmstädter AfD vor, in die Organisation von Bernts Fackelzug verstrickt zu sein.
Die AfD dementierte die Vorwürfe allerdings in einer Mitteilung. Man wolle den Opfern der Brandnacht von 1944 in Würde und Respekt gedenken – „und zwar im Rahmen der offiziellen öffentlichen Veranstaltungen der Stadt Darmstadt. Jeder Versuch, den Eindruck zu erwecken, unser Kreisverband oder unsere Mitglieder stünden hinter privat organisierten Märschen, ist irreführend“, so der AfD-Kreisverband.
Zwei Veranstaltungen am Donnerstag
Die Veranstaltungen des Bündnis gegen Rechts starten um 21:00 Uhr auf dem Kapellplatz und um 23:00 Uhr auf dem Luisenplatz.
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