Tiere retten statt Karriere: Zu Besuch auf dem Lebenshof Odenwald

Gummistiefel, Jeans und Bomberjacke sind das Markenzeichen von Joar Berge. Eigentlich ist er Informatiker – nebenbei betreibt er den Lebenshof Odenwald.

Mörlenbach ist schön gelegen mitten im Odenwald. Um die Mittagszeit ist es ruhig im Ort. Joar Berge betreibt hier, in der Blumenstraße, einen Lebenshof. Was heute ein Lebenshof ist, war vor einiger Zeit noch ein Gnadenhof. Gemein ist beiden, dass sie schutzbedürftige und in Not geratene Tiere aufnehmen und ihnen einen Ort der Sicherheit und Geborgenheit bieten. Die Tiere dürfen auf dem Hof genesen und bis an ihr Lebensende frei von jeglicher Nutzung leben. Der Hof in Mörlenbach ist kein reiner Lebenshof. Auch Freizeitreiter stellen dort ihre Pferde ein und zahlen monatlich dafür. Genau wie Joar Berge.

Monatliche Miete für 40 Tiere

In Gummistiefeln, Jeans, Bomberjacke steht Berge auf dem Innenhof. An seiner Seite der Mischlingshund Kalli. Berge wirkt zufrieden und ausgeglichen. „Monatlich fällt Miete an“ erklärt er. Genau wie die Pferde der Reiter ist Berge mit seinen Tieren hier Untermieter. Kühe, Minischweine, Puten, Hühner und Kaninchen. Sie alle hat Joar Berge vor dem Tod gerettet. Jetzt, und das hat Berge möglich gemacht, dürfen sie auf dem Lebenshof im Odenwald artgerechte leben und sterben.

Gebürtiger Odenwälder gründet Lebenshof in Mörlenbach

Berge ist im Odenwald aufgewachsen. Nach Schulabschluss und Ausbildung zog es ihn in die Welt hinaus. Verschlagen hat es ihn an viele Orte. Als IT-Spezialist lebte er in Mannheim, Köln und Berlin. Und irgendwann wandert Berge nach Südfrankreich aus. Gedanklich dabei waren immer die Kühe. Als etwa 8-Jähriger war seine beste Freundin eine Kuh aus seinem Heimartort. Jede freie Minute verbrachte er mitRexi, bis die Milchkuh dem Bauern keinen Ertrag mehr brachte und zum Schlachter musste.

„Das habe ich als eine sehr glückliche, zufriedene und geborgene Zeit in Erinnerung. Und dann wurde Rexi getötet. Das hat mich geprägt.“ erzählt der heute 40-Jährige. Ab diesem Zeitpunkt sei klar gewesen, dass er irgendwann in seinem Leben Kühe haben wolle. Ein klassischer landwirtschaftlicher Betrieb kam für Berge allerdings nicht in Frage, seine Tiere sollten nichts leisten müssen. 2019 kehrte er nach Deutschland zurück, kaufte zwei Kühe frei, und stellte Emma und Daggi, so hießen die Kühe fortan, in einem Bauernhof ein. Mit den beiden Besitzern war schnell die Idee eines Lebenshofes geboren und viele weitere Tiere folgten.

„Ich lasse die Tiere sprechen“

Heute sind es 40 gerettete Tiere die mit Berge auf dem Hof leben. Wenn der Tierretter nicht ausmistet, füttert oder seinem IT-Job nachgeht, ist er auf Social Media aktiv. In den kleinen Videos kuschelt er mit seinen Kühen und lässt die Welt daran teilhaben. Ohne Plattformen wie Instagram oder Facebook wäre es finanziell eng geworden, sagt Berge. „Mich selbst hört man nie in meinen Reels, ich lasse die Tiere sprechen.“ Und das ist offensichtlich sein Erfolgsrezept: Mit Tierpatenschaften und durch Geld- und Sachspenden kann Berge die etwa 4000 Euro Fixkosten im Monat stemmen. Ein festes Team um 15 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer halten den Betrieb am Laufen und neue Tiere werden nur aufgenommen, wenn dafür der Platz und die finanzielle Mittel vorhanden sind.

Ein Ort der Freude – auch für Menschen

Joar Berge ist sich sicher, Dinge zu bewegen und Veränderungen anzustoßen: „Ich verstehe mich nicht als klassischer Aktivist, ich habe keinen politischen Hintergrund. Ein Bewusstsein für Missstände schaffe ich aber!“ Viele seiner Follower schreiben ihm, dass sie wegen seines Projekts auf eine vegetarische oder vegane Ernährung umgestiegen seien. Aber lässt sich auch politisch-strukturell etwas ändern? „Das ist unsicheres Terrain für mich.“ gibt Berge zu.

Mit Besuchertagen und in Zukunft vielleicht durch Schulprojekte ließe sich vielleicht stärker dafür sensibilisieren, dass „Kühe Humor haben und Freude verspüren. Und, dass sie sehr individuelle Bedürfnisse mitbringen“ erklärt Berge. Sie zu hunderten in große Ställe zu pferchen und sie dann, nach wenigen Jahren zu töten, weil sie keine Leistung mehr erbringen, sei unethisch. „Tiere brauchen mehr Rechte und mehr Achtung“, sagt Berge. Dies anzuerkennen könne der Anfang für ein ausgewogenes Dasein bedeuten. Der Lebenshof sei ein Ort der Freude, beschreibt Berge sein Leben mit den Tieren. Solche Orte brauche es überall. Für die Tiere, aber auch für uns Menschen.

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