Stadt gedenkt Opfern des Nationalsozialismus – umstrittene Versammlung verschoben

Heute gedenkt die Stadt Darmstadt in der Centralstation den Opfern des Nationalsozialismus und der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Zeitgleich wird eine Versammlung verschoben, „weil Tatsachen bekannt wurden, die diese Verlegung erfordern.“

Heute (27.) ab 11:00 Uhr erinnert die Stadt Darmstadt in der Centralstation an die Opfer des Nationalsozialismus sowie die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor achtzig Jahren. Der 27. Januar ist ein international anerkannter Holocaust-Gedenktag, der weltweit begangen wird.

Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) sagte, der Holocaust-Gedenktag rufe das von den Nationalsozialisten begangene Grauen und das von ihnen verursachte, millionenfache Leid in Erinnerung. „Gerade in einer Zeit, in der längst überwunden geglaubte antisemitische und ausländerfeindliche Positionen wieder Zuspruch und Zulauf finden, muss die Bedeutung des Ausrufes ‚Nie wieder‘ hervorgehoben werden“, so der SPD-Politiker.

Allein von Darmstadt aus wurden während der NS-Diktatur über 3.400 Männer, Frauen und Kinder jüdischen Glaubens in deutsche Vernichtungslager verschleppt, allen voran nach Auschwitz-Birkenau, aber auch nach Belzec, Majdanek, Treblinka, Sobibor und Piaski, wo sie ermordet wurden.

Oberbürgermeister Benz erinnert unter anderem an Persönlichkeiten wie Marie Trier, die in Darmstadt einen bekannten Literatur- und Künstlersalon betrieb und deportiert wurde, und Wehrmachtsmajor Karl Plagge, der in Wilna mehrere hundert Juden rettete.

Begleitet wird die Veranstaltung mit Projektbeiträgen von Schülern der Justus-Liebig-Schule, die sich auf die Rolle des Schulgebäudes in der NS-Zeit beziehen, das von den Nationalsozialisten als Sammel- und „Durchgangs“-Zwangslager für die deutsch-jüdischen Deportationsopfer aus dem Volksstaat Hessen genutzt wurde. Außerdem sorgt das Staatstheater für musikalische Untermalung.

Auf Instagram zeigt sich Darmstadts Magistrat mit „#WeRemember“-Plakaten: Eine Erinnerung an über sechs Millionen deportierte Juden

Ebenfalls heute hätte eine Kundgebung mit dem Motto „Holocaust-Gedenktag – Holocaust gedenken heißt gegen Faschismus und Genozid kämpfen“ auf dem Luisenplatz stattfinden sollen. Die Stadt hat sie per Verfügung auf morgen (28.) verschoben – aus Angst, aus dem Holocaust-Gedenktag könnte eine Hass-Veranstaltung gegen Israel werden.

Wie Benz und Ordnungsdezernent Paul Georg Wandrey (CDU) mitteilten, sei die Verlegung notwendig, weil inzwischen Tatsachen bekannt geworden seien, die diese Verlegung erfordern. Die Versammlung werde in den sozialen Netzwerken von unterschiedlichen Gruppierungen beworben, darunter auch pro-palästinensische Organisationen, die in der Vergangenheit mit antisemitischen und verfassungsfeindlichen Aktivitäten aufgefallen seien

Eine der Gruppen soll „Darmstadt4Palestine“ sein, die im Dezember des vergangenen Jahres an einem sogenannten „Antikolonialistischen Weihnachtsmarkt“ beteiligt war. Dabei wurden teilweise verfassungsfeindliche Symbole ausgestellt und zum Verkauf angeboten. Gegen die Veranstaltung wurde mehrfach Anzeige erstattet.

„Wir achten das grundgesetzlich verbriefte Versammlungsrecht, daher haben wir die Verlegung angeordnet“, begründet Benz die Entscheidung. Materialien, mit denen in sozialen Netzwerken geworben werde, machten sehr deutlich, dass das Datum des 27. Januar von den Veranstaltern sehr bewusst gewählt wurde. „Dagegen stellt sich die Darmstädter Stadtgesellschaft, das machen wir nicht mit.“

ANTIKOLONIALISTISCHER WEIHNACHTSMARKT


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